29. Dezember 2023Dr. Dierk Bredemeyer

Online-Kündigung nach § 312k BGB muss ohne „Hürden“ der Anmeldedaten und Passworteingabe möglich sein

LG München I; Urteil vom 10.10.2023 - 33 O 15098/22

Mit der am 1.07.2022 in Kraft getretenen Neuregelung des § 312k BGB zur „Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr“ im Zuge des „Gesetzes für faire Verbraucherverträge“ wurden Unternehmer dazu verpflichtet sicherzustellen, dass jeder über eine Website geschlossene Vertrag mit einem Verbraucher, der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist und Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet, von Verbrauchern auch auf der Website über eine Kündigungsschaltfläche („Kündigungsbutton“) gekündigt werden kann.

Dieser für Unternehmer verpflichtende Kündigungsbutton muss ausdrücklich nach § 312k BGB unmittelbar zur Seite führen, auf der Verbraucher ihre Kündigungserklärung per Mausklick abgeben können.

Wie das LG München I nun nach einer Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) gegen Sky Deutschland entschieden hat, widerspricht eine der Kündigung vorgelagerte Anmeldung mit Kontodaten oder die vorherige Abfrage des Nutzerpassworts diesem Unmittelbarkeitsgebot und dem Normzweck. Kündigungsschaltflächen, die Vertragspartnern erst nach einer Anmeldung in ihr Kundenkonto mit Eingabe ihrer E-Mail-Adresse und ihres Passworts eine Kündigung erlauben, wie es im zugrundeliegenden Sachverhalt bei der Website des Streaminganbieters „WOW“ der Fall war, entsprechen aufgrund ihrer Umständlichkeit nicht dem Sinn und Zweck der Norm und sind rechtswidrig, so das LG weiter.

Nach gerichtlich bestätigter Wertung bestehe der Zweck des § 312k BGB und damit des sog. Kündigungsbuttons in einem verbesserten Verbraucherschutz in Bezug auf das Sich-Wieder-Lösen von einem bereits eingegangen vertraglichen Dauerschuldverhältnis. Konkret bezweckt die Norm dabei, dass sich ein Verbraucher auch wieder ohne größeren Aufwand und Recherchen von einem Dauerschuldverhältnis mit in der Regel vorwährenden Zahlungsverpflichtungen lösen kann, in dem er den entsprechenden Vertrag unkompliziert online kündigen kann. Die neu geschaffene Regelung soll somit eine weitere, vereinfachte Möglichkeit zur Abgabe der Kündigungserklärung durch den Verbraucher ermöglichen.

Der Gesetzgeber stellt konkrete grafische und inhaltliche Anforderungen an die Ausgestaltung des Kündigungsbutton. So soll die vorgeschriebene Lesbarkeit und der normierte Beschriftungsvorschlag die Einfachheit und den Schutzzweck der Norm sichern. Auch müssen die Schaltflächen und die nachgelagerte Bestätigungsseite unmittelbar und leicht zugänglich sein. Bei der konkreten Auslegung empfiehlt sich eine Anlehnung an die zu § 312 j Abs. 2 BGB entwickelten Wertungen anzuknüpfen.

Wie das LG ausführte, sei durch das erforderliche Login die Seite mit der Kündigungsbestätigung nicht leicht zugänglich, denn leichte Zugänglichkeit erfordere auch, dass die Kündigung auch „allein durch die Angabe von Namen und weiteren gängigen Identifizierungsmerkmalen wie Anschrift und/oder Geburtsdatum“ möglich ist. Die Abfrage eines eventuell schon vor langer Zeit erstellten Passwortes, an das sich Verbraucher möglicherweise nicht mehr erinnern können, schränke die Kündigungszugänglichkeit unnötig ein und widerspreche im Ergebnis der gesetzlichen Wertung.

Gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil hat Sky als Beklagte Berufung am Oberlandesgericht München eingelegt.

Das Urteil reiht sich in eine Reihe von Gerichtsentscheidungen ein, die die Ausgestaltung des Kündigungsbutton zu Gunsten des Verbrauchers eng auslegen. So hatte eine weitere Klage gegen Sky Erfolg, bei der das Landgericht München I monierte, dass der Button hinter einem anderen Feld (hier: „Weitere Links anzeigen“) versteckt war.

Unternehmen sollten ihre Verpflichtung aus § 312k BGB ernst nehmen und den Button gesetzeskonform umsetzen, um zulässige Kündigungen von Verbrauchern ohne Einhaltung von Kündigungsfristen zu verhindern, deren Möglichkeit laut Gesetz bei Verstößen als Sanktion zugelassen sind, § 312k Abs. 6 BGB.

Auf einen Blick

LG München: erforderlicher Kündigungsbutton nach § 312k BGB muss unmittelbar eine Kündigung ermöglichen; dafür genüge ebenfalls allein die Angabe von Namen und weiteren gängigen Identifizierungsmerkmalen wie Anschrift und/oder Geburtsdatum“; vorgelagerte Anmeldeseite mit Passwort-Nennung unterbreche das Unmittelbarkeitserfordernis und ist daher unwirksam