24. Oktober 2023Dr. Dierk Bredemeyer

BGH: zum Maßstab eines Verzichts auf Benennung als Urheber in AGB

BGH, Urteil vom 15. Juni 2023 - I ZR 179/22

Der BGH hat entschieden, dass ein Verzicht des Urhebers auf Nennung der Urheberschaft nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB nicht grundsätzlich wirksam ist. Zwar seien abweichende Absprechen und vertragliche Einschränkungen außerhalb des unverzichtbaren Kerns des Rechts auf Urheberschaft möglich, jedoch unterlägen diese den allgemeinen Grenzen des § 138 Abs. 1 BGB und — soweit Allgemeine Geschäftsbedingungen in Rede stehen — den Grenzen des § 307 Abs. 1 und 2 BGB.

Im zugrunde liegenden Fall erwarb ein Kunde eine Bildlizenz von einem Berufsfotografen und veröffentlichte das Bild auf seiner Homepage, ohne den Namen des Urhebers zu nennen. Abgewickelt wurde der Kauf über ein sog. Microstockportal, also über eine gewerbliche Bilddatenbank, die Stockfotografien über das Internet zu günstigen Konditionen anbietet. Besonderheiten solcher Portale sind das niedrige Preisniveau der Lizenzen und das niederschwellige Angebot über einen Online-Webshop, das dem Kunden ermöglicht, unkompliziert nicht-exklusive Lizenzen für dort hochgeladene Bilder zu erwerben. Ziel der Vermarktung über Microstock-Portale ist es, durch diese Art der Verbreitung eine hohe Reichweite zu erzielen, wodurch es auch für professionelle Fotografen lukrativ wird, Lizenzrechte an ihren Werken im Einzelfall zu sehr niedrigen Lizenzgebühren zu vergeben.

Die Veröffentlichung des Fotos ohne Urhebernennung entsprach den Nutzungsbedingungen und auch den zwischen der Plattform und dem Fotografen vereinbarten AGB. Dort hieß es unter anderem: „[…] Ein nicht-exklusiv herunterladendes Mitglied ist zur Urheberbenennung berechtigt jedoch nicht verpflichtet. […] Das hochladende Mitglied verzichtet hiermit auf jede Verpflichtung von [dem Portal] und jedem herunterladenden Mitglied, das hochladende Mitglied als Quelle des Werks zu identifizieren. […]“.

Trotz der Vereinbarung war der Fotograf der Ansicht, der Nutzer hätte sein Recht auf Urheberbenennung aus § 13 Satz 2 UrhG verletzt und nahm ihn im Klageverfahren auf Unterlassung, Schadensersatz und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.

Sowohl vor dem erstinstanzlichen Landgericht als auch vor dem Berufungsgericht hatte die Klage keinen Erfolg. In der Revision hatte sich nun der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH mit der Frage auseinanderzusetzen, inwieweit die mit der Plattform vereinbarten Klauseln und damit der Verzicht wirksam waren. Dabei erarbeitete der Senat Leitlinien der Urhebernennung heraus.

Zwar stellte der BGH erneut fest, dass das Recht des Urhebers auf Anbringung der Urheberbezeichnung — als Ausfluss eines Persönlichkeitsrechts, das dem Schutz ideeller Interessen dient — als höchstpersönliches Recht in seinem Kern unverzichtbar ist, jedoch deutete er darauf hin, dass es dem Urheber dabei freistehe, auf die Ausübung dieses Rechts zu verzichten. Normiert sei diese Möglichkeit des Verzichts in § 13 S. 2 UrhG, wonach durch den Urheber bestimmt werden könne, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen ist und welche Bezeichnung zu verwenden ist.

Mit Blick darauf, dass auch vertragliche Einschränkungen auf Namensnennung als vertragliche Vereinbarung den allgemeinen Grenzen solcher unterliegen, dürfte eine unzulässige Überschreitung der § 138 Abs. 1 BGB nicht außer Acht gelassen werden. Gleiches gelte für § 307 Abs. 1 und 2 BGB bei in Rede stehender Abbedingung durch AGB.

Dies sei jedoch vorliegend nicht schon deshalb einschlägig, weil die AGB den Fotografen abweichend vom gesetzlichen Schutzgehalt benachteiligt. Im Rahmen der bei der Prüfung dieser Bestimmungen vorzunehmenden Gesamtabwägung sind sowohl die Interessen von Urheber und Vertragspartner als auch die jeweiligen vertragsrelevanten Umstände wie die Art des Werks sowie der Zweck und die Dauer der Vereinbarung in den Blick zu nehmen. Hier zeige das Geschäftsmodell der Lizenzvergabe — über eine auf den Massenmarkt ausgerichtete Plattform —, dass individuelle Absprachen zur Namensnennung bei jeder Lizenzierung der Attraktivität des schnelllebigen Marktes und damit auch dem Fotografen schaden würde und deshalb nicht vorausgesetzt werden könnten. Dies gelte insbesondere in Fällen wie diesem, wo das Bild bis zum März 2021 fast 900.000 lizenziert worden ist.

Auf einen Blick

BGH: Urhebernennung als Grundgedanke des Persönlichkeitsrechts grundsätzlich im Kern unverzichtbar; jedoch durch Urheber persönlich abdingbar; Abbedingung erfolgt dabei in den Grenzen der §§ 138 Abs. 1, 307 BGB.