11. November 2022Dr. Dierk Bredemeyer

illegale Online-Casinos (2/2): Kein Rückerstattungsanspruch gegenüber der Bank bei selbstautorisierten Abbuchungen für Casino-Zahlungen


zu BGH, Beschluss vom 13.09.2022 - XI ZR 515/21

Mit seinem Beschluss vom 13.09.2022 hat der BGH entschieden, dass Banken Kreditkartenzahlungen im digitalen Glücksspielssektor nicht zurückzahlen müssen, sofern diese zuvor vom Kunden selbst autorisiert wurden. Teilnehmern von illegalen Online-Glücksspielen steht somit kein Erstattungsanspruch gegenüber der Bank zu.

Mit dem Urteil klärte das höchste Gericht die Rechtsfrage, ob die Autorisierungen durch den Verstoß des Dienstleisters gegen das Glücksspielverbot nichtig seien.

Im vorliegenden Fall zahlte der Kläger, Nutzer eines Online-Casinos, im Zeitraum von September 2015 bis November 2016 insgesamt Beträge in Höhe von 3.640 Euro mit seiner Kreditkarte auf einer Casino-Website eines ausländischen Anbieters. Dafür berechnete ihm seine Bank aufgrund ihres Preis- und Leistungsverzeichnisses für „Barauszahlungen und Lotto-, Wett- und Casinoumsätzen (…) aus Verfügungsrahmen im Ausland“ Entgelte in Höhe von 104 Euro.

Der Kläger verlangte nun seine erlittenen Casino-Verluste mitsamt der von der Bank erhobenen Gebühren zurück.

Er argumentierte, dass aufgrund des Verbotes des Online Glücksspiels aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) (Fassung 2011) die autorisierten Kreditkartenzahlungen nach § 134 BGB nichtig seien und er somit einen Rückzahlungsanspruch gelten machten könne. Dem Kreditinstitut hätten keine Aufwendungsersatzansprüche zugestanden.

Sowohl vor dem AG Berlin-Mitte als auch dem LG Berlin scheiterte die Klage. Die Gerichte entschieden: Ein Erstattungsanspruch des Klägers nach § 675u S. 2 BGB gegen die Bank liege nicht vor, da die Autorisierungen bestand haben und nicht nichtig seien.

Zwar hat die Bank, nach Feststellung des LG, gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GlüStV 2011 verstoßen, welcher ein Mitwirkungsverbot an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel beinhaltet. Dieser festgestellte Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 zieht jedoch nicht die Nichtigkeit der Autorisierungen nach sich. Grund dafür ist das Fehlen eines gesetzliches Verbot mit Nichtigkeitsfolge im Sinne des § 134 BGB innerhalb der Vorschrift. Auch dem Sinn und Zweck der Verbotsvorschrift sei keine zivilrechtliche Sanktion der Nichtigkeit zu entnehmen: Dem Interesse des Spielers gebiete es in diesem Zusammenhang gerade nicht, durch die Nichtigkeit der von ihm bewirkten Autorisierung vor den wirtschaftlichen Folgen des Glücksspiels beschützt zu werden. Denn ein drohender Vermögensschaden resultiert gerade nicht aus dem Verbot unerlaubten Glücksspiels, an das § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 tatbestandlich anknüpft, sondern aus dem jedem Glücksspiel immanenten Risiko, dass Gewinne oder Verluste ungewiss und rein zufällig sind.

Das LG Berlin ließ eine Revision zu, diese wurde jedoch vom BGH zurückgewiesen. Er stimmte dem LG im Ergebnis zu und lehnte einen Erstattungsanspruch des Klägers ab. Die vom LG aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Autorisierungen durch den Verstoß des Dienstleisters gegen das Verbot nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011, an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel mitzuwirken, indem er den vom Kläger autorisierten Zahlungsvorgang ausführt, zur Nichtigkeit der Autorisierung führe, begründet dem BGH zufolge keinen Revisionszulassungsgrund. Denn die Gerichte hätten diese Frage – entgegen der Auffassung des LG Berlin – bislang einheitlich verneint. 

Die Revision wurde daraufhin vom Kläger zurückgezogen.

Das Urteil entlastet Zahlungsdienstleister – ihm ist zu entnehmen, dass diesen keine Prüfungs- oder Warnpflichten zukomme, um den Zahler vor illegalen Zahlungsvorgängen zu schützen. 

Lediglich die formale Prüfung auf Richtigkeit des Auftrags nach seinem äußeren Erscheinungsbild falle in den Zuständigkeitsbereich der Banken. 

Selbst dann, wenn für den Zahlungsdienstleister ohne nähere Prüfung offensichtlich ist, dass der Zahler an einem verbotenen Glücksspiel teilnimmt und es sich um die „Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels“ (§ 284 StGB) handelt, besteht ihm gegenüber kein Erstattungsanspruch, weil Aufsichtspflichten öffentlich- rechtlicher Natur sind und nicht auf das zivilrechtliche Schuldverhältnis zwischen Zahlungsdienstleister und Kunden Einfluss haben.

Auf einen Blick

Illegale Online Casinos: Kein Anspruch auf Rückzahlung gegenüber der Bank bei selbst-autorisierten Zahlungen gem. § 675u Satz 2 BGB; Keine Nichtigkeit der Autorisierungen gem. § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011. Autorisierung stellt zwar einen Verstoß dar, dieser zieht jedoch keine zivilrechtliche Nichtigkeit nach sich.