29. Juni 2023Dr. Dierk Bredemeyer
LG Köln, Urteil vom 16.05.2023 - 5 O 16/23
Stürzt ein Fahrradfahrer aufgrund eines natürlichen Hindernisses auf der Fahrbahn, besteht nicht zwangsläufig ein Schadensersatzanspruch gegen die Gemeinde. Streitentscheidend ist, ob ein verkehrswidriger Zustand bestand. Im konkreten Fall verneinte das LG einen solchen und stellte Ausschlussindikatoren fest.
Vorliegend stürzte ein Fahrradfahrer auf einer Straße im Stadtgebiet von Wiehl. Auslöser des Sturzes war eine zehn Zentimeter hohe und dreißig Zentimeter breite Teererhöhung, die sich quer über die gesamte Fahrbahn zog und der Ableitung von Oberflächenwasser dient. Durch den Sturz hat der Fahrradfahrer erhebliche Verletzungen erlitten. Vor Gericht begehrte der Radfahrer nun von der beklagten Stadt die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, sowie die Feststellung einer umfänglichen Schadensersatzverpflichtung.
Als Trägerin der Straßenbaulast für den streitbefangenen Bereich ist die Stadt für die Straße verkehrssicherungspflichtig (§§ 9, 9a StrWG NRW). Sie haftet auch nach Amtshaftungsgrundsätzen für Verletzungen dieser Verkehrssicherungspflicht (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG). Nach der Judikatur des BGH hat sie damit zur Gefahrenabwehr solche Vorkehrungen zu treffen, die ein umsichtiger und verantwortungsbewusster Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden bei der zweckgerechten Benutzung zu bewahren. Die Straße muss sich also in einem dem Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand befinden, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zulässt.
Wie das LG Köln nun entschied, muss dabei ein vollumfänglicher Ausschluss jeglicher Gefahr nicht erreicht werden. Dieser sei mit zumutbaren Mitteln nicht zu verwirklichen. Der Benutzer der Straße müsse sich vielmehr den gegebenen Verhältnissen anpassen, wobei diejenigen Gefahren auszuräumen sind, die für einen sorgfältigen Benutzer der Straße nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar seien.
Besonderes gelte jedoch bei Fahrradwegen, bei denen bereits das Vorliegen gefährlicher Vertiefungen oder sonstigen Hindernissen zu einer Haftung wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht führen kann.
Nach der Wertung des LG sei die Teererhöhung vom Boden deutlich zu unterscheiden, da diese dunkler als der normale Asphalt der Straße ist. Ein Fahrradfahrer hätte sie bei normaler oder reduzierter Geschwindigkeit problemlos erkennen und passieren können. Der Fahrradfahrer sei jedoch mit erhöhter Geschwindigkeit gefahren, womit ihn ein Mitverschulden treffe.
Der besondere Maßstab der Fahrradwege sei hier nicht anzuwenden, da sich die Bodenwelle auf einer normalen Straße im Kreuzungsbereich befand. Ein verkehrswidriger Zustand liege damit nicht vor.