1. Oktober 2024Dr. Dierk Bredemeyer

OLG Nürnberg: zum Erfordernis der Klarheit des Referenzpreises nach der Preisangabenverordnung bei der wettbewerblichen Zulässigkeit von Best-Preis-Werbung

OLG Nürnberg, Endurteil v. 24.09.2024 – 3 U 460/24 UWG

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg befasste sich in seiner Funktion als Berufungsinstanz mit einer Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzverbandes gegen die Prospektwerbung eines Discounters. Es ging darum zu klären, ob die beworbene Rabattaktion aufgrund ihrer Aufmachung eine unlautere Wettbewerbsmethode darstellt und daher zu unterlassen ist.

Der Discounter hatte in seinem Wochenprospekt ein Lebensmittel mit einem prozentualen Preisvorteil von „-36 %“ beworben. Unter dem auffälligen Rabatt war der aktuell verlangte Preis von „4,44 €“ sowie der durchgestrichene, zuvor verlangte Preis von „6,99 €“ aufgeführt. Neben dem Preis von „6,99 €“ stand eine hochgestellte Fußnote 1, die auf einen Text am Seitenende in kleinerer Schrift verweist: „Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: (das beworbene Produkt), 4,44 €“. Mit dem Wort „außer“ wollte der Discounter ein Regel-Ausnahme-Verhältnis darstellen, um dem Verbraucher zu verdeutlichen, dass das Produkt in der Vorwoche für 6,99 € angeboten wurde, aber bereits zwei Wochen zuvor für 4,44 € erhältlich war, was dem aktuellen 30-Tage-Bestpreis entspricht.

Der Discounter war gemäß § 11 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PAngV) verpflichtet, bei der Bekanntgabe von Preisermäßigungen den niedrigsten Preis anzugeben, den er in den letzten 30 Tagen vor der Preisermäßigung verlangt hatte. Dieser sogenannte Referenzpreis muss für Verbraucher aufgrund konkreter Angaben in der Werbung leicht erkennbar sein, um Preisnachlässe besser einordnen und deren Preiswürdigkeit einschätzen zu können, ohne durch irreführende Grundpreisangaben getäuscht zu werden.

Ein Wettbewerbsverband klagte gegen die „30-Tage-Bestpreis“-Werbung des Discounters, da er die Kombination der Preisinformationen als irreführend und unzulässig betrachtete. Das OLG Nürnberg gab dem Wettbewerbsverband recht.

Obwohl sich die blickfangmäßig hervorgehobene Preisermäßigung von „-36 %“ auf den in der Vorwoche gültigen Preis von 6,99 € (den sogenannten Streichpreis) bezog und nicht auf den Referenzpreis von 4,44 €, hielt das Gericht es nicht für entscheidend, ob sich jede Preisermäßigung anhand des Referenzpreises berechnen muss.

Vielmehr sah das OLG in der Kombination der Preisinformationen eine unzulässige, irreführende Werbung, da der Durchschnittsverbraucher den Referenzpreis aufgrund der konkreten Angaben in der Werbung nur schwer erkennen kann und über den tatsächlichen Umfang des Preisnachlasses im Unklaren gelassen wird.

Zwar stellte das Gericht nicht infrage, dass neben dem Angebotspreis und dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage auch andere Preise genannt werden dürfen. Jedoch sah es die Grenze des Zulässigen überschritten, wenn der Verbraucher – wie hier – durch eine missverständliche oder mit mehrdeutigen und unklaren Preisinformationen überladene Darstellung über den tatsächlichen Preisnachlass verwirrt wird.

Das Gericht argumentierte, dass das Ziel der Verbesserung von Verbraucherinformationen nur erreicht werden kann, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben für die Verbraucher klar, nachvollziehbar und verständlich sind.

Problematisch sei in diesem Fall insbesondere, dass dem Verbraucher insgesamt vier verschiedene Preisinformationen präsentiert werden. Diese Vielzahl an Informationen sei für den Durchschnittsverbraucher eher verwirrend und trage nicht zur Klarheit über den Preisvorteil oder den Referenzpreis bei. Stattdessen lenkt die Angabe des Streichpreises und der prozentualen Rabatthöhe vom entscheidenden Referenzpreis ab, der eine wichtige Orientierungshilfe für die Kaufentscheidung darstellt.

Auch die Formulierung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses in der Fußnote wurde vom Gericht kritisiert, da der Eindruck entstehen könne, der Hinweis gelte nicht für das beworbene Produkt. Dies sei besonders irreführend, da der in der Fußnote genannte Preis von 4,44 € mit dem beworbenen Preis identisch ist.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen.

Auf einen Blick

Preiswerbung beeinträchtigt Verbraucherinteressen spürbar und beeinflusst geschäftliche Entscheidungen. Klare Angabe des Referenzpreises ist wesentliche Orientierungshilfe für die Einschätzung der Preiswürdigkeit. Vielzahl an Informationen verwirrt Verbraucher und lenkt durch Streichpreis und Rabatthöhe vom Referenzpreis ab;

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