24. Mai 2023Dr. Dierk Bredemeyer
BGH, Urt. v. 11.10.2022 - VI ZR 35/22
Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bei vorübergehender Entziehung der Gebrauchsmöglichkeit eines PKW besteht nicht, wenn dem Geschädigten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung steht, dessen ersatzweise Nutzung ihm zumutbar ist, so der BGH. Dabei spielen Differenzen zwischen den beiden Fahrzeugen wie unterschiedliches Fahrgefühl oder erhöhtes Prestige keine Rolle.
Im konkreten Fall hatte die Klägerin ihren Porsche 911 Turbo S Cabriolet einer angemieteten Garage der Beklagten geparkt. Aufgrund einer Auseinandersetzung blockierte die Beklagte mittels eines davor geparkten Autos zwei Wochen lang beabsichtigt die Ausfahrt des Porsches. Dadurch konnte die Klägerin den Porsche nicht wie geplant für einen viertägigen Urlaub nutzen. Nach Auffassung der Klägerin war ihr Zweitwagen, ein 3er-BMW Kombi für diesen Zweck nicht gleich geeignet. Vor Gericht wurde über das Begehren von Nutzungsausfallentschädigung i.H.v. 175 Euro pro Tag, also insgesamt 2.450 Euro verhandelt. Nachdem die Klage in allen Vorinstanzen erfolglos geblieben war, musste sich nun der BGH mit der Frage auseinandersetzen, ob der Ausfall eines PKW auch dann zu entschädigen ist, wenn der Eigentümer während der Dauer des Ausfalls auf einen Zweitwagen zurückgreifen kann.
Nach Ansicht der Karlsruher Richter hat die Beklagte durch das vorsätzliche Zuparken des Porsches zwar gem. § 823 Abs. 1 BGB rechtswidrig und schuldhaft das Eigentum der Klägerin am Porsche verletzt, weil sie dessen Nutzung verhinderte, jedoch sei der Schaden, den die Klägerin durch den Ausfall des Porsches erlangt hat nicht ersatzfähig.
Grundsätzlich ist, wie sich aus einem Umkehrschluss zu § 253 Abs. 1 BGB ergibt, nur ein Vermögensschaden zu ersetzen. Deshalb sei Voraussetzung für einen ersatzfähigen Schaden bei Ausfällen von Automobilen, nach Ansicht des BGH, dass „die Entbehrung der Nutzung auch deshalb ‚fühlbar‘ geworden ist, weil der Geschädigte das Fahrzeug mangels eines weiteren geeigneten Kraftfahrzeugs für seine alltägliche Lebensführung wirklich gebraucht hätte“. Eine Kompensation der zeit- und kraftsparenden Wirkung eines PKW ist aus Sicht des Gerichts demnach nur da erforderlich und geboten, wo tatsächlich eine Beeinträchtigung erfolgt ist.
Da die Klägerin jedoch aufgrund ihres Zweitwagens eine Alternative für ihre alltägliche Lebensführung und den Urlaub hatte und zudem keine Vermögens-schmälernde Ausgaben vorlagen, scheide hier ein materieller Schaden aus.
Der Verlust an Prestige und Fahrgefühl sei eine rein immaterielle Einbuße, also nur eine individuelle Genussschmälerung, welche keine Ersatzfähigkeit begründen könne.