11. Juli 2022Dr. Dierk Bredemeyer

Lehrer haben in den Ferien immer Urlaub: drohender Verfall solcher Urlaubstage muss bei ihnen nicht angezeigt werden

(Urt. v. 25.05.2022, Az. 1 K 4290/20)

Der Anspruch auf Erholungsurlaub von verbeamteten Lehrern verfällt nach Ablauf der Frist auch dann, wenn der Dienstherr nicht vorher auf den Verfall aufmerksam gemacht hat, so die neuste Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen. Auch die vom Europäischen Gerichtshof formulierten Grundsätze zu einer bestehenden Hinweispflicht auf drohenden Verfall von Urlaubstagen finden bei verbeamtetem Lehrpersonal keine Anwendung.

Im vorliegenden Fall klagte eine verbeamtete Lehrerin aus Nordrhein Westfalen. Sie war mit Ablauf des 31.07.2019 vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Die seit 2010 schwerbehinderte Frau war bereits seit 2017 dienstunfähig erkrankt. Vor dem VG forderte sie nun die finanzielle Abgeltung des von ihr krankheitsbedingt nicht realisierten Erholungsurlaub aus dem Jahr 2017. Ihr sei es in dieser Zeit, bis zu ihrem vorzeitigen Ruhezustandes, nicht möglich gewesen, den Urlaub wahrzunehmen, so die pensionierte Lehrerin. Die Zuständige Bezirksleitung lehnte diesen Anspruch aufgrund des Verfalls der Urlaubstage ab. Grundsätzlich verfallen gesetzliche  Ansprüche auf Erholungsurlaub, nach Rechtsprechung des BAG bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, nach 15 Monaten.

Der Urlaubsanspruch der Frau sei also nach eintreten des 31.03.2019 verfallen.

Die Klägerin berief sich auf die Rechtsprechung des EuGH vom 06.11.2018, nach welcher ein Urlaubsverfall in der Regel nur noch möglich ist, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeitenden zuvor konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub zu nehmen und daraufhin gewiesen hat, dass er anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt, und forderte weiter die Abgeltung. Sie argumentierte, dass ein solcher Hinweis durch den Dienstherr nicht stattgefunden hatte und ihr Anspruch folglich weiterhin Bestand hätte.

Das VG Gelsenkirchen hatte nun zu entscheiden, ob eine solche Hinweispflicht auch für Lehrer bestehe, obwohl selbst im Volksmund klar ist, „dass Ferienzeit für Lehrer immer Urlaubszeit ist.“

Die Kammer entschied nun zugunsten der Bezirksregierung und hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass weder ein Anspruch aus nationalem Recht auf finanzielle Abgeltung, noch aus EU-Recht besteht. Eine Hinweispflicht bestehe nicht, da der Urlaub bei Lehrern, nach Auffassung des VG, nach den nordrhein-westfälischen Regelungen, automatisch mit den Schulferien als abgegolten gilt. Auch Erholungsanspruch außerhalb der Ferienzeit bestehe nicht. Daraus ergebe sich auch, dass Lehrkräfte ihren Urlaub weder anzeigen, noch genehmigen lassen müssen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage, hat die Kammer die Berufung zugelassen. Über sie würde das Oberverwaltungsgericht Münster entscheiden.  

Auf einen Blick

VG Gelsenkirchen: Urlaubsanspruch der Lehrer verfällt automatisch mit eintritt der Ferien; Auf den Verfall muss auch, als Aufnahme zu der Rechtsprechung des EuGH, nicht vom Dienstherr hingewiesen werden.