8. März 2023Dr. Dierk Bredemeyer

LAG zur Benachteiligung bei der Stellenbesetzung einer Gleichstellungsbeauftragten

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 24.02.2023 - 16 Sa 671/22

Das LAG Niedersachsen hat entschieden, dass ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nicht zwangsläufig vorliegt, wenn eine berufliche zu vergebene Stelle ausschließlich für das weibliche Geschlecht ausgeschrieben ist. Das Gericht wies damit die Klage einer nicht-binären Person auf Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ab.

Maßgeblich dafür ist, dass das Geschlecht für einen Teil der Tätigkeit unverzichtbare Voraussetzung ist.

Im zugrundeliegenden Fall, bewarb sich eine Person, die sich nach eigenen Aussagen als keinem Geschlecht zugehörig fühlt, auf eine ausgeschriebene Stelle einer Hochschule für die Tätigkeit einer Gleichstellungsbeauftragten. Die Person bezeichnete sich in der Bewerbung als „nicht-binäre Person“.

Da § 43 Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) vorschreibt, dass die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten von einer Frau zu besetzen ist, schrieb die Hochschule die Stelle nur für weibliche Bewerber aus.

Nachdem die Hochschule mit Verweis auf diese Vorschrift die Bewerbung der sich bewerbenden nicht-binären Person im Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt hatte, erhob die betroffene Person Klage und forderte Entschädigung aufgrund von Ungleichbehandlung. Das ArbG Braunschweig wies die Klage erstinstanzlich ab.

Auch die Berufung vor dem LAG blieb erfolglos. Das Gericht stellte zwar fest, dass der Bewerber gegenüber anderen Bewerbern ungleich behandelt worden ist und führte aus, dass diese ungleiche Behandlung nicht schon deshalb gerechtfertigt sein kann, da § 43 NHG die Besetzung mit einer Frau vorschreibt, es betonte jedoch, dass ein Entschädigungsanspruch nur bestehe, wenn die Ungleichbehandlung nicht nach § 8 AGG zulässig ist.

§ 8 Abs. 1 AGG schafft allgemeine Ausnahmen von Benachteiligungsverboten. Hiernach sind Unterschiede nach § 1 AGG und somit Ungleichbehandlungen zulässig, wenn ein mit dem Differenzierungsgrund zusammenhängendes Merkmal eine berufliche Anforderung darstellt. Eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Geschlechts wäre also nur zulässig, wenn der auszuübenden Tätigkeit eine wesentliche und entscheidende Anforderung zugrunde liegt, welche Bedienung der Ausübung ist und nur von einem Geschlecht ausgeführt werden kann. Dies gilt des Weiteren nur, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Die Beurteilung dieser Kriterien muss dabei an den objektiven Anforderungen der Tätigkeit selbst ansetzen.

Das LAG musste nun entscheiden, ob vorliegend das weibliche Geschlecht als unverzichtbare Voraussetzung für die Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten gilt.

Es entschied, dass ein Mann zwar grundsätzlich in gleicher Weise wie eine Frau an der Gleichberechtigung mitwirken kann, sich der Beruf der Gleichstellungsbeauftragten jedoch auch um Fragen der Gleichstellung, der Vereinbarkeit von Studium und Beruf mit Familienaufgaben dreht, sowie Fällen von Diskriminierung und sexueller Belästigung behandelt werden müssen.

Hauptbetroffene dieser Beratungsfälle sind Frauen, weshalb „davon auszugehen ist, dass Erwartungen Dritter, die auf deren Schamgefühl beruhen, ebenso wie die Notwendigkeit einer bestimmten Geschlechtszugehörigkeit zur Authentizität der Aufgabenwahrnehmung legitim sind und ihnen kein diskriminierender Charakter innewohnt.“ Nach Ansicht des Gerichts war es deshalb zulässig, dass die Hochschule in Einklang mit dem NHG die Ausschreibung auf weibliche Bewerber begrenzte.

Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Mit einem ähnlichen Fall hatte sich bereits das LAG Schleswig-Holstein auseinandergesetzt.

 

 

Auf einen Blick

LAG Niedersachsen: nicht zwangsläufig Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, wenn eine beruflich zu vergebene Stelle ausschließlich für das weibliche Geschlecht ausgeschrieben ist;

Geschlecht muss für einen Teil der Tätigkeit unverzichtbare Voraussetzung sein. LAG: für eine Gleichstellungsbeauftragte kann das weibliche Geschlecht aufgrund der maßgeblichen Betroffenheit der Frauen eine solche Voraussetzung sein.