19. Mai 2025Dr. Dierk Bredemeyer

Kein Zustandekommen eines Vertrags durch Klick auf „Jetzt kaufen“-Button auf einer Website; zum Erfordernis von § 312j III BGB

AG München, Urteil vom 23.01.2023 - 191 C 1446/22

Die Möglichkeiten von Verbrauchern, sich auf dem Rechtsweg gegen Kostenfallen oder gegen missbräuchliche Geschäftspraktiken im Internet zu wehren, bei denen scheinbar kostenlose Angebote unterbreitet werden, während sich an versteckter Stelle eine Klausel über die Kostenpflichtigkeit findet, sind in der Theorie mannigfach. So kann sich der Verbraucher auf seinen fehlenden Rechtsbindungswillen bzw. auf das Vorliegen einer überraschenden Klausel (§ 305c I BGB) berufen, er kann wegen arglistiger Täuschung bzw. wegen fehlenden Erklärungsbewusstseins anfechten und nicht zuletzt steht ihm das allgemeine Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen zu.

Trotz des bereits umfassenden Schutzes hat sich der Europäische Gesetzgeber im Jahr 2011 dazu entschieden, den Verbraucherschutz durch den Erlass einer neuen Verbraucherschutzrichtlinie zu erweitern. In Art. 8 II Unterabs. 1 enthält diese folgende Bestimmung: „Wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche umfasst, so ist diese Schaltfläche … gut lesbar und ausschließlich mit den Worten ‚zahlungspflichtig bestellen‘ oder einer entsprechend eindeutigen Formulierung zu kennzeichnen … Wenn der Unternehmer diesen Unterabsatz nicht einhält, ist der Verbraucher durch den Vertrag oder die Bestellung nicht gebunden.“

Damit soll dem Verbraucher die Verteidigung gegen aggressive Forderungsverfolgung durch eine einfache und klare Regelung erleichtert werden. Insbesondere soll er von der Notwendigkeit befreit werden, vor Gericht schwierige Diskussionen über die Erkennbarkeit der Kostenpflicht führen zu müssen. Die einfache Vorlage eines Screenshots soll durch die Regelung als Beweis ausreichen.

Die Richtlinie wurde in Deutschland durch die Bestimmungen des § 312j III und IV BGB umgesetzt.

Wie wirkungsvoll dieser Schutz ist, zeigt sich in einer kürzlichen Entscheidung des Amtsgerichts München, dem folgender Fall zugrunde lag:

Eine Verbraucherin besuchte am 10.11.2021 die Homepage eines Reisevermittlers, um nach Reisen im Dezember 2021 zu suchen. Unter den Suchergebnissen befand sich eine Reise nach Dubai für zwei Personen. Um den endgültigen Reisepreis zu erfahren, gab die Verbraucherin die Personendaten ein. Anschließend wurde sie auf eine Homepage weitergeleitet, welche Hinweise zur Unterrichtung von Reisenden bei einer Pauschalreise enthielt. Darunter befand sich ein farblich abgesetzter Kasten mit dem Text „Mit Klick auf ‚Jetzt kaufen‘ akzeptieren Sie die AGB […]. Zudem bestätigen Sie die Richtigkeit der angegebenen Buchungsdaten und dass Sie die Pass-, Visa- Einreise- und Impfbestimmungen, sowie das Formblatt zur Unterrichtung des Reisenden bei einer Pauschalreise erhalten haben.“ Hierunter befand sich der Button „Jetzt kaufen“ mit dem Symbol eines Einkaufswagens daneben.

Die Verbraucherin klickte auf die Schaltfläche „Jetzt kaufen“ und verließ anschließend die Homepage.

Am selben Abend erhielt sie eine Buchungsbestätigung und Zahlungsaufforderung des Reisevermittlers für die Reise nach Dubai zu einem Preis von 2.834 €. Da die Verbraucherin die Zahlung verweigerte, stornierte der Reisevermittler die Reise und stellte eine Storno-Gebühr in Höhe von 2.692,30 € in Rechnung. Diese bezahlte die Verbraucherin unter Vorbehalt. Sie meinte, es sei kein Vertrag zwischen ihr und dem Reiseunternehmen zustande gekommen, da die Gestaltung der Homepage nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 312j III BGB entspreche.

Mit dieser Auffassung verklagte sie das Reiseunternehmen auf Rückzahlung der Storno-Gebühr. Das Amtsgericht München musste sich nun mit der Frage auseinandersetzen, ob das Klicken auf die Schaltfläche „Jetzt kaufen“ auf der Webseite zu einem verbindlichen Vertrag geführt hat. Dabei steht insbesondere die Beschaffenheit des „Jetzt kaufen“-Buttons mit Blick auf § 312j III BGB auf dem Prüfstand.

Grundsätzlich hat sich durch Rechtsprechung die erforderliche Beschaffenheit einer Bestellschaltfläche nach § 312j III BGB weitestgehend konkretisiert. So steht fest, dass die Beschriftung bei üblicher Bildschirmauflösung gut erkennbar sein muss; Sie darf also vor allem nicht zu klein bzw. unscharf sein. Auch der Hintergrund (vor allem die Farbe des Buttons) darf zu keiner Beeinträchtigung der Signalwirkung führen. Auch Ablenkungen – etwa durch blinkende Elemente oder akustische Signale – sind zu unterlassen, sofern sie geeignet sind, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers spürbar zu reduzieren. Optisch dürfen die maßgeblichen Textteile nicht untergeordnet sein, indem etwa „zahlungspflichtig“ sehr klein und „bestellen“ sehr groß gedruckt werden.

Dementsprechend können auch zu lange Formulierungen problematisch sein, denn sie machen abermals ein genaues Hinsehen des Verbrauchers notwendig, können verwirren oder ablenken und laufen somit dem Schutzzweck zuwider.

Ähnlich entschied auch das Amtsgericht München hinsichtlich des „Jetzt kaufen“-Buttons auf der Seite des Reiseunternehmens: Zwar weise der Text des Buttons „Jetzt kaufen“ auf die Entgeltlichkeit des zu schließenden Vertrages hin. Jedoch könne das Symbol eines Einkaufswagens daneben dahingehend verstanden werden, dass der Kunde durch das Klicken auf den Button erst seinen Warenkorb befüllt und sich nicht schon am Ende des Buchungsprozesses befindet. Außerdem sei der Text „Mit Klick auf ‚Jetzt kaufen‘ akzeptieren Sie die AGB […]. Zudem bestätigen Sie die Richtigkeit der angegebenen Buchungsdaten und dass Sie die Pass-, Visa- Einreise- und Impfbestimmungen sowie das Formblatt zur Unterrichtung des Reisenden bei einer Pauschalreise erhalten haben“ irreführend.

Durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont ergebe sich, dass Kunden durch das Klicken auf den „Jetzt kaufen“-Button lediglich AGB und Datenschutzbestimmungen akzeptierten sowie die Richtigkeit der eingegebenen Daten und den Erhalt des Formblatts bestätigten, so das Amtsgericht. Auch lege der Text nahe, dass bei Fortsetzung des Buchungsprozesses noch weitere Erklärungen abzugeben seien. 

Da es auch einer Übersicht über die zu buchende Reise sowie eine Preisangabe gab, fehle es bei dem Vorgang eines wirksamen Angebots des Reiseveranstalters, sodass zwischen den Parteien kein wirksamer Reisevertrag geschlossen worden ist.

Ein bindendes Angebot des Reiseunternehmens sah das Gericht jedoch in der übersandten Buchungsbestätigung. Dieses wurde aber von der Frau nicht angenommen. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.

Das Urteil des Amtsgerichts München verdeutlicht, wie wichtig es für Verbraucher ist, die Schutzmechanismen des Verbraucherrechts in Anspruch zu nehmen. Verbrauchern ist daher zu raten, bei Unklarheiten oder Problemen sorgfältig zu prüfen, ob die Vorgaben des § 312j III BGB eingehalten wurden. Verstöße, etwa durch irreführende Gestaltung einer Webseite, können dazu führen, dass der Vertrag unwirksam ist und ungewollte Zahlungsverpflichtungen entfallen.

Hingewiesen wird auch auf die Einführung einer, mit dem Bestellvorgang korrespondierenden, Pflicht der Unternehmen, welche den Kündigungsprozess mit dem Vertragsabschluss gleichsetzt, mittlerweile in § 312k II BGB. Dabei soll eine „leicht auffindbare, barrierefreie, gut lesbare und verständlich beschriebene Schaltfläche (beschriftet mit dem Wort ‚Vertrag kündigen‘)“  die Kündigung für Verbraucher erheblich vereinfachen.

 

Auf einen Blick

Verbraucherverträge im Internet: Schutz durch Pflicht zur klaren Ausgestaltung der Willenserklärung per Schaltfläche, die ausdrücklich bestätigt, dass sich der Verbraucher zur Zahlung verpflichtet. Die Schaltfläche muss gut lesbar und ausschließlich mit „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer vergleichbar eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Urteil Amtsgericht München: „Jetzt kaufen“-Button mit Einkaufswagensymbol und irreführenden Hinweisen – Kunde glaubt, nur Warenkorb zu befüllen; daher kein wirksamer Vertragsschluss durch Buttonklick.

  • Kollegin/Kollege gesucht

    Wir suchen ab sofort Teilzeit oder Vollzeit eine/n (m/w/d) Rechts­anwalts­fach­an­gestellte/n zur Verstärkung unseres Teams.

    Interessiert? Mehr dazu …

  •