31. Juli 2022Dr. Dierk Bredemeyer

Einrichtungsbezogene Impfpflicht: § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG ermächtigt nicht zu einer Anordnung von Zwangsgeld zur Durchsetzung der Corona- Impfung

(Beschl. v. 22.06.2022, Az. 14 ME 258/22)

Das Gesundheitsamt darf Personen ohne Corona-Impfnachweis nicht dazu zwingen eine Impfung innerhalb einer bestimmten Frist zu erbringen, so die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Niedersachsen. Die „Einrichtungsbezogene Impfpflicht“ begründe gerade keine Verpflichtung des Arbeitnehmers sich gegen das Corona-Virus impfen zu lassen, sondern biete lediglich die Möglichkeit im Falle einer Nicht-Impfung gegenüber Mitarbeitern ein Betretens- oder Tätigkeitsverbot auszusprechen.

Im konkreten Fall arbeitete eine Pflegerin in einem Seniorenhaus. Nachdem ihrem Arbeitgeber kein Impfzertifikat zum Fristende vorlag, wurde das Fehlen des Zertifikats beim Landkreis gemeldet. Dieser ordnete daraufhin mit Hinweis auf § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG an, einen Impfnachweis über eine Erstimpfung innerhalb einer Frist von 14 Tagen sowie einen Impfnachweis über eine Zweitimpfung innerhalb einer Frist von weiteren 42 Tagen beim Gesundheitsamt nachzureichen. Andernfalls würde ein Zwangsgeld verhängt werden.

Gegen diese Androhung und die Impffrist richtete sich der erstinstanzliche Eilantrag beim Verwaltungsgericht.
Bereits die erste Instanz gab dem Antrag statt und führte aus, dass ein solcher zeitlicher Impfzwang der, vom Gesetzgeber geschützten Freiwilligkeit der Impfentscheidung, entgegensteht. Desweiteren sei eine solche Zwangsandrohung nicht durch § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG gedeckt.

Nun hat das Oberverwaltungsgericht diese Entscheidung im Ergebnis bestätigt. Die Beschwerde des Landkreises wurde zurückgewiesen. Das Gericht bestätigte, dass der Landkreis mit der streitigen Anordnung nicht nur die Vorlage eines Nachweises im Sinne des § 20a Abs. 2 Satz 1 IfSG verlangte, sondern die Antragstellerin vielmehr mittelbar dazu verpflichtete, in der vorgegebenen Frist die Impfungen gegen das Corona-Virus vornehmen zu lassen. Für die Anordnung eines Zwangsgeldes biete § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG ebenfalls keine Grundlage.

Auch der Sinn und Zweck der „einrichtungsbezogenen Impfpflicht“ würde keine solche zwangsweise Durchsetzung begründen. Die Regelung stelle die betroffenen ungeimpften Mitarbeiter lediglich vor die Wahl die bisherige Tätigkeit aufzugeben oder in die Beeinträchtigung ihrer körperlichen Integrität durch die Impfung einzuwilligen.

Dementsprechend eröffne § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG dem Gesundheitsamt die Möglichkeit, bei Nichtvorlage eines Nachweises ein sofort vollziehbares Betretens- oder Tätigkeitsverbot auszusprechen, um vulnerable Personengruppen vor einer Infektion mit dem Corona-Virus zeitnah und in besonderem Maße zu schützen.