12. Mai 2022Dr. Dierk Bredemeyer

BGH: Coronabedingte Schließungen von Fitnessstudios

Urteil vom 4. Mai 2022 – XII ZR 64/21

Mit der jüngsten Entscheidung des XII. Zivilsenat hat der BGH eine weitere richtungsweisende Entscheidung mit großer Tragweite in der Thematik der Corona-Pandemie getroffen.

Beantwortet wurde die Frage, ob Fitness-Studio-Betreiber zur Rückzahlung 

der Mitgliedsbeiträge verpflichtet sind, welche in der Zeit, in der das Fitnessstudio aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie schließen musste, gezahlt wurden.
Dabei musste zwischen zahlenden Verbrauchern, welche nicht trainieren konnten und den Inhabern der Studios mit angeschlagener wirtschaftlicher Situation entschieden werden. 

Im konkreten Fall ging es um ein Fitnessstudio, welches coronabedingt behördlich schließen musste. Ein Kunde des Studios klagte, da dieser die Beiträge für die nicht nutzbare Zeit nicht zahlen wollte.

Der Kunde und die Betreiberin des Fitnessstudios schlossen am 13.05.2019 einen Vertrag über die Mitgliedschaft im Fitnessstudio mit einer Laufzeit von 24 Monaten, beginnend ab dem 08. Dezember 2019. Der Mitgliedsbeitrag in Höhe von 29,90 €, sowie eine halbjährige Service-Pauschale wurden im Lastschriftverfahren vom Konto des Klägers eingezogen.

Der Einzug und die Konto-Belastung endeten nicht, als das Fitnessstudio am 16. März 2020 aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie schließen musste und das Studio für den Kunden bis zum 4. Juni 2020 nicht nutzbar war. Der Beklagte akzeptierte zwar die, mit Schreiben vom 7. Mai 2020 erklärte Kündigung der Mitgliedschaft zum frühstmöglichen Zeitpunkt (dem 8. Dezember 2021), ignorierte jedoch die Forderung des Klägers den Beitrag der per Lastschrift eingezogenen Mitgliedsbeiträge für den Zeitraum vom 16. März 2020 bis 4. Juni 2020 zurückzuzahlen. Auch auf die Forderung der Rückzahlung mit einem Wertgutschein über den eingezogenen Betrag blieb unerhört. Lediglich eine „Gutschrift über Trainingszeit“ für den Zeitraum der Schließung wurde dem Kläger angeboten. Diese nahm der Kläger jedoch nicht an. Der Streitwert betrug insgesamt 87 Euro. 

Sowohl das Amtsgericht Papenburg, sowie das Landgericht Osnabrück gaben dem Mann Recht und verpflichtete das Fitnessstudio zur Rückzahlung der Beiträge. Auch die vom Landgericht zugelassene Revision hatte keinen Erfolg.

Auch der BGH gab dem Kläger recht: Ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der für den Zeitraum der Schließung entrichteten Monatsbeiträge  ergebe sich aus §§275 Abs. 1, §326 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4, §346 Abs. 1 BGB. Diesem Rückzahlungsanspruch des Klägers kann die Beklagte nicht entgegenhalten, der Vertrag sei wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB dahingehend anzupassen, dass sich die vereinbarte Vertragslaufzeit um die Zeit, in der das Fitnessstudio geschlossen werden musste, verlängert wird, so die Pressemitteilung des BGH.

Hintergrund des Urteils ist die gesetzliche Unmöglichkeit des Leistungsanspruchs. Der Anspruch auf Leistung ist gem. §275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Unmöglichkeit liegt dabei vor, wenn ein geschuldeter Erfolg – hier die Nutzung des Fitnessstudios – aus Rechtsgründen nicht herbeigeführt werden kann oder nicht herbeigeführt werden darf. Die damalige Lockdown-Situation verbot dem Fitnessstudio-Betreiber das Training im Studio zuzulassen. Nach Ansicht des BGH liegt der Zweck des Fitnessstudiovertrags in der regelmäßige sportliche Betätigung, welcher durch die Schließung der Studios nicht erreicht werden kann. Eine Unmöglichkeit liege in diesem Fall also vor. Auch könne die geschuldete Leistung wegen Zeitablaufs nicht nachgeholt werden. Eine Vertragsanpassung komme auch nicht in Betracht, wenn die Vorschriften über die Unmöglichkeit greifen. 

Auf einen Blick

BGH zu Fitnessstudios im Corona-Lockdown: Rückzahlungsanspruch der Mitgliedsbeiträge in der Zeit der Studio-Schließung besteht. Regelungen der gesetzlichen Unmöglichkeit einschlägig