11. September 2022Dr. Dierk Bredemeyer

Beeinträchtigung durch Windkraftanlagen – Abweisung der zivilrechtlichen Schadensersatzklage bei vorheriger rechtskräftiger verwaltungsrechtlicher Entscheidung

OLG Hamm, Urteil vom 05.05.2022, 24 U 1/20

Zwei Grundstückseigentümer sind vor dem Oberlandesgericht Hamm mit einer Schadensersatzklage gegen den Betreiber einer Windkraftanlage gescheitert. Die Kläger verlangten Schadensersatz wegen Beeinträchtigung ihrer Grundstücke durch Infraschall (Schall unterhalb des hörbaren Bereiches) von Windenergieanlagen. Das OLG wies die Klage ab und verwies auf eine vorherige rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit Bindungswirkung, nach welcher keine rechtlich relevante Beeinträchtigung der Grundstücke der Kläger vorliegt.

Die Grundstückseigentümer begründeten die behauptete Minderung des Grundstücks mit der Annahme von körperlichen Beeinträchtigungen durch Infraschall, der von den Windkraftanlagen knapp zwei Kilometer vom Wohngrundstück entfernt ausgehe.

Bereits zuvor sind die Kläger per Verwaltungsrechtlicher Anfechtungsklage gegen die Genehmigung der Windkraftanlagen vorgegangen, jedoch ohne Erfolg: Eine Beeinträchtigung der materiellen Rechte des Klägers durch den Betrieb der Windräder wurde durch das Gericht vollumfänglich ausgeschlossen. Diese Entscheidung wurde auf vorgenommene Gutachten zu Schallemissionen der Windkraftanlagen gestützt: Der Sachverständiger habe überzeugend darlegen können, dass die theoretisch bestimmbaren Schalldruckpegel des Infraschall auf den klägerischen Grundstücken um mehrere Größenordnungen unterhalb der menschlichen Wahrnehmung lägen und durch die große Entfernung und dem Schall des Windes nicht mehr gesundheitlich relevant sind, so das Gericht.

Nach Abweisung der zivilrechtlichen Klage vor den Landgerichten Detmold und Paderborn verfolgten die Kläger ihre Begehren jeweils mit einer Berufung vor dem OLG Hamm weiter. Dies bestätigte nun die Klageabweisungen. Das OLG sah sich sich aus Rechtsgründen an die verwaltungsrechtliche Entscheidung gebunden und begründete die Abweisung der Klage damit, dass das Begehren der Kläger aufgrund der Rechtskraft der vorhergegangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht unter dem gleichen Gesichtspunkt der Beeinträchtigung zivilrechtlich weitergeführt werden könne. Die Beteiligten seien gem.  § 121 Nr. 1 VwGO an das rechtskräftige Urteil gebunden. Die materielle Rechtskraft des Urteils binde darüber hinaus auch andere Gerichtsbarkeiten hinsichtlich der tragenden Gründe und der nicht veränderten Faktenlage. So müsse auch das OLG eine Beeinträchtigung durch Infraschall als ausgeschlossen ansehen. Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Die Kläger können daher nur noch Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH erheben. 

Das Urteil stärkt die Rechtsposition der Windkraftbetreiber. Oftmals folgen öffentlich-rechtlicher Klagen zur Genehmigung und Inbetriebnahme von Windkraftanlagen zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzklagen gegen den Betreiber. Besonders im Zuge der aktuellen Energiepolitik und der daraus resultierenden Zunahme von neunen Windkraftanlagen ist auch mit einer Zunahme von Klagen gegen den Bau und die Inbetriebnahme von Windkraftanlagen zu rechnen. Das vorliegende Urteil stärkt die Rechtsposition von Betreibern, deren Imissionsschutzrechtliche Genehmigung verwaltungsrechtlich bestätigt wurde.

Auf einen Blick

OLG Hamm: Bestätigung der Klageabweisung durch Landgerichte bei Schadensersatzklage wegen Beeinträchtigung des Grundstücks und der körperlichen Gesundheit; zivilrechtliche Klage nach nicht-erfolgreicher verwaltungsrechtlicher Anfechtung nicht mehr möglich; Alle Gerichtsbarkeiten an vorherige Entscheidungen gebunden; Stärkung der Rechtsposition der Windkraftbetreiber;