11. Februar 2022Dr. Dierk Bredemeyer

BAG: Gesetzlicher Mindestlohn nicht bei Pflichtpraktika vor dem Studium

Urt. v. 19.01.2022, Az. 5 AZR 217/21)

Ein Pflichtpraktikum, welches nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung als Zulassungsvorraussetzung für die Aufnahme eines Studiums benötigt wird, muss nicht durch gesetzlichen Mindestlohn vergütet werden, so das BAG.

Geklagt hatte eine Frau, welche sich an einer privaten, staatlich anerkannten Universität um einen Studienplatz im Fach Humanmedizin beworben hatte. Zulassungsvorraussetzung für die Studienbelegung war, laut privater Studienordnung der Universität, unter anderem die Verrichtung eines sechsmonatigen Krankenpflegepraktikums. Unter diesem Vorwand leistete die Klägerin ihr Praktikum in der Zeit vom 20. Mai bis zum 29. November 2019 auf einer Krankenpflegestation.
Vor Gericht forderte die Klägerin nun von der Betreiberin des Krankenhauses eine Vergütung von insgesamt 10.269,85 Euro brutto. Obwohl keine Vergütung vereinbart wurde, war die Klägerin der Ansicht, sie habe einen Anspruch auf Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetzes (MiLoG). Nach Aussagen der Klägerin, habe sie im Rahmen einer Fünftagewoche täglich 7,45 Stunden Arbeit geleistet, wodurch sich der geforderte Betrag errechnen lasse. 

Problematisch war, ob die Arbeitsleistung der Frau, im Rahmen eines Pflichtpraktikums vor dem Studienbeginn als Aufnahmebedingung, in den persönlichen Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes fällt. Nach § 22 Abs. 1 MiLoG gelten auch Praktikanten als Arbeitnehmer und fallen somit in den Anwendungsbereich des Mindestlohngesetz. Ausnahmen sind jedoch Praktika, welche auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung oder einer hochschulrechtlichen Bestimmung verpflichtend sind. 

Die Klägerin vertrat die Ansicht, ein solches Vorpraktikum sei kein Pflichtpraktikum im Sinne der Ausnahme des § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MiLoG . Deshalb greife die gesetzliche Ausnahme von der Vergütungspflicht nicht und sie habe einen Anspruch auf die Vergütung ihrer Arbeitszeit.

Das Landesgericht verneinte diese Ansicht und wies die Klage ab. Auch die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Die Ausnahme erfasst „nach dem in der Gesetzesbegründung deutlich zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers nicht nur obligatorische Praktika während des Studiums, sondern auch solche, die in Studienordnungen als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorgeschrieben sind“, so das BAG in der Urteilsbegründung. Die Frau falle somit nicht in den Anwendungsbereich des MiLoG und habe keinen Anspruch auf Vergütung. 

Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Studienordnung von einer privaten Universität erlassen wurde, denn die Universität sei staatlich anerkannt. Die Zugangsvoraussetzung sei somit einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleichgestellt.  

Auf einen Blick

Frage nach Gesetzlichem Mindestlohn: Praktikum wird für die Zulassung zur Hochschule benötigt. 
Nach §22 MiLoG Praktikanten auch Arbeiter; Kein Anspruch bei Pflichtpraktika; BAG: Vorpraktikum gleich Pflichtpraktikum.