3. Oktober 2022Dr. Dierk Bredemeyer

Abmahungswelle nach Urteil zur externen Einbindung von Google-Webfonts auf Webseiten

(Az. 3 O 17493/20)

Nach der Entscheidung des LG München I im Januar 2022 zur externen Einbindung des Google-Service Google-Webfonts kam es nun zu einer Vielzahl von professionellen Abmahnungen.

Das Urteil

Mit „Google-Webfonts“ können Seitenbetreiber Schriftarten und Designarten für ihre Website nutzen. Bei einer externen Einbindung des Service stellt der Browser des Website-Besuchers im Hintergrund automatisch eine Verbindung mit dem Google-Netzwerk her, welche sodann die Schriftarten lädt. Problematisch hierbei ist jedoch, dass für diesen Prozess die IP-Adresse des Website-Besuchers an Google, und damit an fremde Server in unsicheren Drittländern, weitergeleitet wird. Dabei ist praktisch unmöglich, vor der Übermittlung der Daten an Google eine Einwilligung des Besuchers einzuholen, die den Ansprüchen der DSGVO genügt (Art. 7 DSGVO).

Im Verfahren vor dem LG München I klagte ein privater Seitennutzer gegen den Seitenbetreiber auf Unterlassung und Schadensersatz, weil letzterer auf seiner Website Google Schriftarten nutze und dabei, ohne entsprechende Einwilligung auf die dadurch vollzogenen Datenverarbeitungen, eine Browser-Verbindung zum Google-Netzwerk herstellte und die IP-Adresse teilte.

Das LG München gab dem Kläger Recht und sah in der einwilligungslosen Übertragung der IP- Adresse an Google eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts) und sprach ihm einen immateriellen Schadensersatz aufgrund des Datenverlusts in Höhe von 100,00€ aus Art. 82 DSGVO  zu.

Bei der IP-Adresse handele es sich um einen personenbezogenen Fingerabdruck, der auf  eine konkrete Person zugeordnet werden kann. Die Übermittlung dieser Daten an Google im Zuge des Prozesses sei rechtswidrig erfolgt.

Zwar informierte der Beklagte über die Verwendung von Google-Fonts in seiner Datenschutzerklärung, darin sei jedoch keine Rechtfertigung durch Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO aufgrund eines überwiegendes berechtigtes Interesse an der graphisch ansprechenden Gestaltung seiner Website zu sehen. Dies scheide jedoch schon deshalb aus, weil ein überwiegendes berechtigtes Interesse nur dann vorliegt, wenn es kein milderes, gleich wirksames Mittel für die Erfüllung des Verarbeitungszwecks gibt. Vorliegend hätte der Betreiber die Schriftarten und verwendeten Styles auf lokal auf dem Server installieren und damit eine Verknüpfung zum Google-Netzwerk unterbinden können.

Auch die, für die Ersatzfähigkeit eines – wie vorliegend – immateriellen Schadens, erforderliche Erheblichkeit liegt vor, da allgemein bekannt ist, dass Google Daten über seine Nutzer sammele und diese außerhalb der EU auf US-Servern verarbeite, ohne dass dafür geeignete Datenschutzgarantien und Kontrollmechanismen für Betroffene bestünden.

Die Folgen des Urteils

Nach der Verkündung nutzen einige Personen das Urteil des LG München I, um gegenüber Websitebetreibern Unterlassung bzw. Schadensersatz geltend zu machen: Zahlreiche Anbieter haben sich auf die professionelle Geltendmachung von Schadensersatzforderungen nach Art. 82 DSGVO spezialisiert – solche Ansprüche eignen sich besonders für Massenverfahren, denn Fehler bei der Umsetzung des Datenschutzrechts können oft eine Vielzahl von Personen betreffen. Besonders für Unternehmen bergen solche Schadensersatzforderungen erhebliche Risiken. 

Bei der Verwendung von Google-Fonts ist deshalb unbedingt darauf zu achten Schriftarten lokal zu installieren um eine automatische IP-Weiterleitung an Google zu vermeiden. Überhaupt ist darauf zu achten externe Services nur dann einzubinden, wenn diese wirklich erforderlich sind und nicht anders realisiert werden können.

Auf einen Blick

LG München I: bei externer Einbindung von Google-Fonts Verstoß gegen DSGVO; externe Einbindung ermöglicht Weiterleitung der IP-Adressen an Googles externe Server; Verletzung des Rechts auf informelle Selbstbestimmung aufgrund fehlender möglicher Einwilligung;